Gedanken zum Sonntag - Hausgottesdienst - Gebet

Sonntagsgedanken zum 4. Fastensonntag

und seiner alttestamentlichen Lesung aus dem Buch Samuel

 

In einem geflügelten jüdischen Wort heißt es, dass Gott am Anfang das Fragezeichen schuf und es in das Menschenherz hineinlegte. Fragen bergen Schätze und können uns Neues offenbaren. Eine Frage entwaffnet. Sie macht dich zum freien Partner in einem Dialog mit offenem Ausgang. In der Berufungserzählung des David begegnen uns besonders viele Fragen. Allerdings beschneidet unsere Leseordnung den Text sehr forsch und lädt uns wenig ein, auf einen Gott der Fragen zu hören. Lesen Sie daher hier den Prophetentext lückenlos in seiner ganzen Fülle:

 

Da sagte der Heilige zu Samuel: »Wie lange willst du um Saul trauern? Ich habe ihn verworfen, so dass er nicht mehr König über Israel sein soll! Fülle dein Horn mit Öl und geh! Ich will dich zu Isai aus Betlehem schicken, denn unter seinen Söhnen habe ich mir einen König ausgesucht.« Da sagte Samuel: »Wie kann ich gehen? Saul wird davon hören und mich umbringen.« Der Heilige sagte: »Nimm eine junge Kuh mit und sage: Ich bin gekommen, um für den Heiligen ein Opfer zu schlachten. Ruf Isai zum Schlachtopfer, dann will ich dich wissen lassen, was du tun sollst. Du sollst mir den saben, von dem ich es dir sagen werde.« Samuel tat das, worüber der Heilige zu ihm gesprochen hatte, und kam nach Betlehem. Da kamen ihm die Ältesten der Stadt voller Angst entgegen und sagten: »Bringst du Frieden?« Er antwortete: »Ja, Frieden. Ich komme, um für den Heiligen ein Opfer zu schlachten. Heiligt euch und kommt mit mir zum Schlachtopfer.« Dann heiligte er Isai und seine Söhne und rief sie zum Schlachtopfer. Als sie dann kamen, sah er Eliab. Da sagte er: »Bestimmt steht da vor dem Heiligen sein Gesalbter.« Aber der Heilige sagte zu Samuel: »Schau nicht darauf, wie er aussieht, und nicht, ob er hoch gewachsen ist. Ich habe ihn verworfen: Es ist nicht, wie es der Mensch sieht. Denn der Mensch sieht nur auf das Augenfällige, der Heilige aber sieht auf das Herz.« Isai rief nach Abinadab und ließ ihn vor Samuel vorbeigehen. Der sagte: »Auch den hat der Heilige nicht ausgesucht.« Da ließ Isai Schamma vorbeigehen. Aber er sagte: »Auch den hat der Heilige nicht ausgesucht.« So ließ Isai seine sieben Söhne vor Samuel vorbeigehen. Aber Samuel sagte zu Isai: » Der Heilige hat keinen von diesen ausgesucht.« Samuel sagte zu Isai: »Sind das alle jungen Männer?« Der sagte: »Der Jüngste ist noch übrig. Schau, er hütet die Schafe.« Da sagte Samuel zu Isai: »Schick jemanden und hol ihn. Denn wir werden nicht mit dem Mahl beginnen, bevor er da ist.« So schickte er jemanden und ließ ihn kommen. Er war rötlich, mit schönen Augen und sah gut aus. Da sagte der Heilige: »Steh auf, salbe ihn! Ja, der ist es.« Samuel nahm das Ölhorn und salbte ihn im Kreis seiner Brüder. Die Geisteskraft des Heiligen durchdrang David von diesem Tag an. Dann brach Samuel auf und ging nach Rama. (Bibel in gerechter Sprache)

 

Der Prophet Samuel berichtet vom „Königscasting“ und das obwohl die Führungsebene eigentlich klar geregelt ist, denn da steht Saul. Er hat Legitimation und Macht. Eindrucksvoll ist für mich, wie Gott und Samuel hier am Anfang kommunizieren. Da frägt Gott den Samuel:„Wie lange willst du noch um Saul trauern?“ Und Samuel hat nur eine Gegenfrage “Wie kann ich hingehen? Saul wird es erfahren und mich umbringen.“ Auf der einen Seite wird ein Neuanfang gesehen und die andere Seite reagiert mit Angst und Rückblick. Wahrscheinlich kennt jeder in seinem eigene Leben auch solche „ja, aber Situationen“. Da gibt es eigentlich genügend Anzeichen etwas abzuschließen und zu beenden und einen Neuanfang zu wagen und gleichzeitig birgt das so viel Unsicherheit und den Hang zum Festhalten. Egal ob im persönlichen Leben, im gesellschaftlichen oder im kirchlichen Miteinander: solche Krisenzeiten gehören dazu. Und wie sich so eine Situation anfühlt beschreibt der Text mit einem starken Wort: „Zittern“. Zitternd kommen die Ältesten der Stadt Samuel entgegen und auch sie haben nur eine Frage zu bieten:“Bedeutet dein Kommen Frieden?“

 

Ein wahrer Gefühlssturm tobt in diesen Zeilen: Trauer, Angst, Zittern. Und wir können uns vielleicht vorstellen, welche Gefühle im Text noch versteckt sind, zwischen den Zeilen, wenn er uns davon erzählt, wie die Söhne des Isais einzeln zuerst ins Licht gerufen werden und dann doch wieder in die zweite Reihe zurücktreten müssen. Wie ist das für Eliab, Abinadab und Schima, so zurückgesetzt zu werden?

Wie ist das für Samuel, dass auch er seinem Augenschein nicht trauen kann und immer wieder von Gott zurückgeholt wird,  dass Gott ganz klar macht: nicht du, sondern ich weiß, wer berufen ist.

Wahrscheinlich begegnet man selten in der Bibel einer solchen Vielfalt männlicher Gefühle. Die gewohnten Strukturen bieten hier keine Sicherheit, Traditionen, Bewährtes scheint aus den Angeln gehoben zu werden. Fragen über Fragen.

 

Und jede dieser Fragen ist wichtig.Jedes der Gefühle ist wichtig. Jede der Personen in der Geschichte ist wichtig. Die Geschichte mit Gott kann nur vielstimmig erzählt werden.

Und schließlich die entscheidende Frage: „Sind das alle deine Söhne?“  In unserer Leseordnung bleibt einzig diese Frage des Textes bestehen. Aber was unterscheidet diese Frage von den anderen? Sie führt zur Entscheidung, zur Lösung des Problems, wer den nun zum neuen König gesalbt werden soll. Sie führt aus dem Wirrwarr der Gefühle und Konflikte heraus. Sie führt zu der Erkenntnis, dass Gott derjenige ist der beruft.

„Der Mensch sieht auf das Äußere – Gott aber sieht auf das Herz.“

Und damit ist nicht das Organ gemeint, sondern das Einzigartige und Unergründliche in jedem Menschen. Der Ort wo Lebensentscheidungen fallen, wo tiefste Trauer und himmelhochjauchzende Freude ihren Ursprung haben. Wo jeder von uns Gott begegnen kann.Gott schaut dorthin, wohin wir Menschen einander nicht schauen können, wo wir trotz innigster Beziehungen und langer Vertrautheit immer nur alleine sind, ganz Ich sind. Ja so kann Gott  dich und mich anschauen und auch denjenigen, der zum König auserwählt sein wird.

 

Der Jüngste, der Kleinste, der oder die  auf den ersten Blick Ungeeignetste. Und Gott sagt: „Bravo, na also jetzt hast du es ja! Auf und salbe ihn!“

Auch ich bin gesalbt, Sie, Du, jeder von uns? Die Taufe schenkt uns dieses Zeichen der Freundschaft Gottes und der Berufung. Gesalbt zum/zur König*in, Priester*in, Prophet*in. Jeder von uns darf wissen, dass allein Gott in unser Innersten, unser Ich schauen kann. Uns für unsere Aufgabe erwählt.

Der Clou an dieser Berufungsgeschichte ist: Gott ergreift die Initiative.

Seine Initiative hat auch im heute Gültigkeit „Was schwach in der Welt ist, das wählt Gott aus“. Wer weiß ob nicht auch heute noch Samuels in der Gegenwart der Kirche gibt. Die nicht nur daran festhalten, dass der Mensch auswählt, wen Gott beruft, sondern solche, die auch Gott die Berufung der geeigneten Person/en überlassen.

 

Nach der jüdischen Tradition hat jeder der sechstausend Menschen, die beim Empfang der Tora am Sinai standen, einen anderen Aspekt der Tora gehört und verstanden. Gott sprach mit einer Stimme, und gleichzeitig hörten die Menschen viele Stimmen. Dementsprechend gibt es in der jüdischen Bibelauslegung, dem Midrasch, keine eindeutige Auslegung der Bibel, in dem Wissen, dass Gott immer größer ist als die Deutung, die Menschen vornehmen. Jede Generation hat die Aufgabe, die Tora neu auf die jeweilige Situation hin auszulegen. Das geschieht immer wieder vielstimmig.

In diesen Chor stimmt auch Paulus in der heutigen Lesung ein, wenn er ruft: „Du wach auf aus dem Schlaf und steh auf von den Toten!“. Jeder Frau und jedem Mann ruft er das euphorisch zu. Ein vielstimmiger Chor von wachen und aufgeweckten Menschen wird das Feuer der Liebe Gottes am Lodern erhalten.

 

Susanne Bauer/Pastoralreferentin St. Ludwig

 

Gebet in der Corona-Krise vom österreichischen  Bischof Hermann Glettler

 

Herr, Du Gott des Lebens,
betroffen von der Not der Corona-Krise kommen wir zu Dir.
Wir beten für alle, deren Alltag jetzt massiv belastet ist
und bitten um Heilung für alle Erkrankten.
Sei den Leidenden nahe, besonders den Sterbenden.
Tröste jene, die jetzt trauern, weil sie Tote zu beklagen haben.

Schenke den Ärzten und Forschern Weisheit und Energie,
und allen Pflegenden Kraft in ihrer extremen Belastung.
Gib den politisch Verantwortlichen Klarheit für richtige Entscheidungen.
Wir danken Dir für alle, die mit vielfältigen Diensten
die Sicherheit und Versorgung unseres Landes aufrecht erhalten.
Wir beten für alle, die in Panik sind oder von Angst überwältigt werden.

Wir beten für alle, die großen materiellen Schaden erleiden oder befürchten.
Guter Gott, wir bringen Dir alle, die in Quarantäne mussten,
sich einsam fühlen und niemanden an ihrer Seite haben.
Stärke die Herzen der alten und pflegebedürftigen Menschen,
berühre sie mit Deiner Sanftheit und gib ihnen die Gewissheit,
dass wir trotz allem miteinander verbunden sind.

Von ganzem Herzen flehen wir, dass die Epidemie abschwillt
und dass die medizinischen Einrichtungen auch künftig
den übermäßigen Anforderungen entsprechen können.
Wir beten, dass die Zahl der Infizierten und Erkrankten abnimmt
und hoffen auf eine baldige Rückkehr zur vertrauten Normalität.

Guter Gott, mache uns dankbar für jeden Tag, den wir gesund verbringen.
Lass uns nie vergessen, dass unser Leben ein zerbrechliches Geschenk ist.
Wir sind sterbliche Wesen und können nicht alles kontrollieren.
Du allein bist ewig, Ursprung und Ziel von allem – immer liebend.
Getragen vom Frieden, der von Dir kommt, werden wir die Krise bestehen.
Jesus, Du Herr und Bruder aller Menschen,
Deine Gegenwart vertreibt jede Furcht, sie schenkt Zuversicht
und macht uns bereit – offen und aufmerksam für das Leben.
Jesus, wir vertrauen auf Dich!
Heilige Maria, Mutter unseres Herrn, und alle heiligen Frauen und Männer,
Nothelfer und Schutzpatrone unseres Landes, bittet für uns! Amen.

Einen Vorschlag zur Gestaltung eines Hausgottesdienstes im Familienkreis finden Sie hier: https://www.erzbistum-muenchen.de/im-blick/coronavirus/cont/98231

Diözesanes Gebet: https://www.erzbistum-muenchen.de/im-blick/coronavirus/cont/98263