Predigt zum 5. Fastensonntag
Predigt zum 5. Fastensonntag (A)
Schwestern und Brüder im Herrn,
„Es wird alles gut werden.“ Diesen Satz können Sie in jeder Vorabendserie etwas 2 dutzendmal hören. Was bedeutet dieser Satz eigentlich? Wann wird was gut werden, wird alles gut werden? Was bedeutet alles?
Stellen wir uns doch einmal ernsthaft die Frage: Glauben wir wirklich daran, daß alles einmal gut werden wird? Wird in meinem Leben, hier in München, hier in Deutschland, hier auf der Erde einmal alles gut sein? Und wenn es so geschehen sollte, wann wird das sein?
Das sind Fragen, die gar nicht so falsch gestellt sind, denn wir leben ja wirklich mit der Vorstellung, daß es irgendwann einmal alles gut sein wird auf der Welt. Trotz vieler Probleme setzen wir das fast stillschweigend voraus.
Das ist im Grunde genommen eine sehr alte Idee. Sie läßt sich sogar ganz gut datieren. Diese Idee, daß einmal alles gut wird stammt aus dem 2. Jahrhundert vor Christus. Hier begannen nämlich bestimmte jüdische Sekten über ein Leben nach dem Tod nachzudenken. Auf diese Weise entstand die sogg. Apokalyptik. Also die Lehre, daß nach einem großen Weltenbrand oder Weltgericht einmal alles wieder gut sein wird.
Diese Überlegung muß man aber nun im Zusammenhang der Geschichte Israels sehen. Es war ja in Israel alles schief gegangen, was nur schiefgehen konnte: Das Königreich war geteilt, die Religion lag am Boden und die Römer standen vor der Tür und später dann im Wohnzimmer. Es gab keine gute Zeit für Israel und das 200 Jahre lang. So verwundert es nicht, daß man alles Gute in eine ferne Zukunft verlegt. Irgendwann am Ende der Zeiten wird alles gut werden.
Christlich ist ein solches Denken eigentlich nicht. Im Gegenteil. Das heutige Evangelium möchte mit dieser Weltsicht ein für alle mal Schluß machen.
Die Auferweckung des Lazarus möchte zeigen, daß nicht irgendwann einmal alles gut wird, sondern daß hier und jetzt alles gut ist. Da wo Christus ist, da ist alles gut.
Aber schauen wir genauer hin. Jesus kommt ans Grab seines Freundes Lazarus und auch er ist im Innersten erregt, auch er hat Tränen in den Augen. Und dennoch sind seine Augen stark genug, dem Tod ins Gesicht zu schauen. Jesus läßt das Grab seines schon verwesenden Freundes öffnen und schaut so der ganzen Wiederwärtigkeit des Todes in die Augen.
Mit der Erweckung des Lazarus ist dann nicht die Geschichte des ersten Zombies erzählt, sondern die Worte des Evangeliums wollen klar machen, daß da wo Jesus ist alles gut ist, sogar der Tod. Selbst er hat keine Macht, weil sich Jesus nicht von ihm schrecken läßt.
Eines macht diese Botschaft noch deutlicher: Lazarus lebt heute nicht mehr – er ist wieder gestorben. So könnte man fragen: Was hatte seine Auferweckung dann für einen Sinn?
Nun, wie gesagt es ist nicht ein Zombiefilm, sondern es sollen die Worte der Schrift ein Trost sein, der die Angst vor dem Tod grundlos macht. Und noch ein Gedanke soll grundlos gemacht werden: Der Gedanke, daß einmal alles gut werden wird. Nicht die ferne Zukunft bringt Trost und Glück, sondern die Gegenwart Jesu.
Das lange Evangelium von heute ist wieder ein Evangelium der Taufvorbereitung. Und als solches möchte es uns wieder die seligmachende Gegenwart Jesu vor die Seele stellen. Denn das Glück unseres Glaubens ist nicht die Verheißung eines fernen Paradieses, sondern das Wissen darum, daß alles gut ist, weil Gott an unserer Seite sein möchte.
Nun stellt sich die Frage: Wo aber begegnen wir Jesus heute? Zuerst einmal die Gegenfrage: Wo und wie suchen wir ihn überhaupt? Es geht dabei nämlich um eine Beziehung – und Beziehungen sind nicht einfach, auch die mit Gott nicht.
So wie die Beziehungen zwischen Menschen sich im Innersten der Seele abspielen, so spielt sich die Begegnung mit Jesus Christus auch ab. Es ist eine Herzensangelegenheit um die es geht. Und das braucht Zeit. Das braucht einander kennen lernen. So wie das bei Menschen im Gespräch passiert, so passiert das auch bei Gott im Gespräch, also im Gebet. Einer der großen Schätze ist dabei die Gegenwart Jesu hier in der Kirche, im Sakrament des Altares, hier im Allerheiligsten.
Warum sich in der Fastenzeit nicht einmal Zeit nehmen – die uns in dieser umfassenden Fastenzeit ausreichend zur Verfügung gestellt wird. Sich sammeln und die Gegenwart Gottes genießen – wenn es auch im Licht der Sonne in den kommenden wärmeren Tagen geschieht. Sich beim Spaziergang in die Kirche begeben und vor das Allerheiligste setzen, dabei die Gegenwart Gottes als Kraftquelle genießen. Man kann das auch meditieren: Herr es ist gut hier und jetzt. Nicht irgendwann einmal. Nein: Egal wie es mir geht, es ist gut hier und jetzt bei Dir zu sein. Wir dürfen das immer wieder durchmeditieren, mit der Seele durchkauen: Gott ist hier, bei mir und deswegen ist mein Leben jetzt gut. Und selbst der Tod ist gut, weil er uns nicht entfernen kann von der Liebe Gottes.
Wir Christen dürfen Genießer sein, Genießer der Gegenwart Gottes weil nicht alles gut werden wird, sondern weil Er der Gütige ist. Amen.